Kybernetik - was ist das?Kybernetik

Eine verständliche Einführung

Isomorphie

Der Begriff der Isomorphie stammt in seiner präzisen Fassung aus dem Bereich der Algebra. Er hat etwas mit Abbildungen zu tun und auch damit, dass man gewisse Gegebenheiten durch gemeinsame Eigenschaften zusammenfaßt. Für unsere Betrachtungen sind diese gemeinsamen Eigenschaften strukturelle Zusammenhänge oder sogar eine gemeinsame Struktur schlechthin.
Wir erinnern uns: Eine Struktur setzt voraus, dass Strukturelemente vorhanden sind, die zusammen eine Menge bilden, etwa im Sinne der Mengenlehre der Mathematik. Diese Feststellung ist vor allem dann wichtig, wenn wir es mit unendlich vielen Strukturelementen zu tun haben. Nach einer Syntax, also nach Regeln, verbinden sich die Strukturelemente. Eine Entsprechung dazu finden wir in der Graphentheorie. Dort sind die Elemente Punkte und die Beziehungen Linien, die die Punkte verbinden.
Hat man zwei Strukturen vorliegen, die voneinander verschiedene Elemente und auch voneinander verschiedene Regeln haben, so kann es doch sein, dass man jedem Element der Struktur 1 genau ein Element der Struktur 2 zuordnen kann. In diesem Fall würde es sich um eine Abbildung handeln. (Das Wort "genau" bedeutet, dass die Zuordnung auch umgekehrt funktioniert.) Entspricht weiterhin jeder Regel aus der Syntax der Struktur 1 eine Regel aus der Syntax der Struktur 2, so haben beide Strukturen etwas gemeinsam. Man sagt dann, beide Strukturen seien von derselben Struktur. (Der Begriff "Struktur" wird hier also doppelt benutzt.) Man sagt auch, beide Strukturen seien eindeutig aufeinander abbildbar.
Die Mathematiker sind großzügig im Denken und lieben es, Dinge oder Sachverhalte, die auf diese Weise miteinander verwandt sind, zu einer sogenannten Klasse zusammenzufassen. Alle Strukturen, die sich zu einer Klasse zusammenfassen lassen, nennt man "zueinander isomorph", weil man sie eindeutig aufeinander abbilden kann.
Sehr oft stellt man fest, dass es in einer solchen Klasse isomorpher Strukturen eine ganz besondere gibt, die sich etwa dadurch auszeichnet, dass sie abstrakt ist - wie zum Beispiel ein Zahlenbereich mit seinen Rechenregeln. Man kann sie dann als hervorragenden Vertreter dieser Klasse isomorpher Strukturen ansehen.
Dazu ein Beispiel: Elektrische Schwingkreise beschreibt man mit Differentialgleichungen zweiter Ordnung, ebenso schwingende Federn, die von außen in Bewegung gehalten werden. Es könnte sehr wohl sein, dass man das Reizen des Ameisenhaufens mit Fleisch wenigstens in einem gewissen Zeitraum ebenfalls mit einer solchen Differentialgleichung beschreiben kann. In diesem Fall könnte man - die Isomorphien sind evident - die Elemente der Gleichung als Eigenschaften der Elemente der Feder, des Schwingkreises und des Ameisenhaufens interpretieren.
Besonders die Differentialgleichung ist in vielen Fällen sehr geeignet, als Repräsentativstruktur zu fungieren. So abstrakt dieses Vorgehen auf den ersten Bück scheint, so sehr ist es ein wissenschaftliches Vorgehen schlechthin, wenn man die Strukturen (oder Systeme) oder Gegebenheiten eines Wissenschaftsbereiches so behandelt. Es ist typisch kybernetisch, wenn man ohne Rücksicht auf Wissenschaftsbereiche eine derartige Klassenbildung betreibt und damit eine umfassende methodische Grundlage für unterschiedliche Gegenstandsbereiche schafft. Man muss beachten, dass man dann zwar in verschiedenen Wissenschaften dieselbe Sprache spricht, aber die Gegenstände der einzelnen Wissenschaften natürlich in ihnen beläßt. So verstanden liefert die Kybernetik gegebenenfalls doch eine "Einheit der Wissenschaften" - allerdings nicht als Dach-, sondern als Basiswissenschaft.
Setzt man in der kybernetischen Forschung diese Gesichtspunkte vornean, so kommt man zur "methodischen Kybernetik", die zur Zeit immer mehr Freunde gewinnt.

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