Kybernetik - was ist das?Kybernetik

Eine verständliche Einführung

Papiermodell

Das hier geschilderte Vorgehen des Ameisenforschers Klawuttke mag dem einen oder andern Leser als allzu künstlich und unrealistisch erscheinen. Dieser Zweifel wird bereits dort beginnen, wo es gilt, die Ameisen zu zählen.
Aber solche Argumente gelten nur bedingt, denn die heutige Forschung leistet sich oft bedeutenden Aufwand, um hinter die Dinge zu kommen. Wesentlicher ist, dass man aus solchen Denk- oder Papiermodellen oft allgemeine Schlüsse ziehen kann und gegebenenfalls einen Sachverhalt einem andern, bereits bekannten vergleichbar macht. So stammt etwa die in diesem Kapitel verwendete Übergangsmatrix aus einem Teilgebiet der Wahrscheinlichkeitsrechnung, aus der Theorie der Markoffprozesse . Gelingt es, in einem Gedankenexperiment, einem Papiermodell, nachzuweisen, dass ein solcher Zusammenhang besteht, dann tut man sich in der weiteren Behandlung des Stoffes doch sehr viel leichter, weil man die Ergebnisse etwa der Markoffschen Prozesse auf die Theorie der Ameisenhaufen analog übertragen kann.
Auch Begriffsbildungen wie "Gleichgewicht" und "Umschwingvorgang" stammen ja nicht aus dem Bereich der Kybernetik, sondern kommen zuerst einmal aus der allgemeinen Kinematik beziehungsweise der Elektrotechnik der Wechselströme. Dieses Aufsuchen von Analogien zu anderen Bereichen ist typisch für kybernetisches Forschen. Es setzt selbstverständlich voraus, dass man vorurteilsfrei, vor allem aber sehr sorgfältig arbeitet. Denn wo immer Analogien möglich sind, muss man nachträglich sorgfältig absichern, dass die Voraussetzungen im Bereich 1 auf den Bereich 2, in den hinein man mit einer Analogie schließt, entsprechend übertragbar sind. Vieles von dem, was heute innerhalb der Kybernetik selbst als nicht abgesichert oder sogar als unseriös angesehen wird, hat seine Wurzel in einem Verstoß gegen solche Prinzipien. Hier muss gegebenenfalls noch sehr viel Zeit vergehen, bis endgültig Klarheit geschaffen ist. Wir wollen auf diesen Gesichtspunkt noch einmal zurückkommen, nachdem wir uns mit den Definitionen und auch mit der Geschichte der Kybernetik befaßt haben.

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